
Ein Blick hinter die Kulissen der Seele – und warum frühe Beziehungen unser Leben prägen
Kennst du das? Du reagierst in bestimmten Situationen immer wieder gleich, obwohl du dir fest vorgenommen hast, es diesmal anders zu machen. Oder du spürst Gefühle, für die es keine logische Erklärung gibt. In meiner Arbeit als Therapeut erlebe ich das täglich – und die Tiefenpsychologie hilft mir, gemeinsam mit meinen Klienten Antworten auf diese Rätsel zu finden.
Der Eisberg in uns
Stell dir einen Eisberg vor: Was wir über der Wasseroberfläche sehen, ist nur ein kleiner Teil. Der weitaus größere Teil liegt verborgen unter Wasser. Genau so funktioniert auch unsere Psyche. Das bewusste Denken und Handeln ist nur die Spitze, während der größte Teil unserer seelischen Vorgänge im Unbewussten abläuft.
Die Tiefenpsychologie beschäftigt sich genau mit diesem verborgenen Teil. Verdrängte Ängste, alte Wünsche und vor allem frühe Beziehungserfahrungen wirken aus dem Unbewussten auf unser heutiges Leben – oft ohne dass wir es merken.
Das zentrale Prinzip lautet: Heilung durch Verstehen. Wenn wir die unbewussten Ursachen unserer Probleme verstehen und ins Bewusstsein holen, können wir freier und gesünder leben.
Alles beginnt ganz am Anfang
Was mich an der modernen Tiefenpsychologie besonders fasziniert, ist die Erkenntnis, wie wichtig unsere allerersten Beziehungen sind. Als Baby und Kleinkind machen wir Erfahrungen mit unseren Eltern oder anderen Bezugspersonen, die unser ganzes Leben prägen. Psychologen nennen das „Bindungstheorie“.
Stell dir vor: Ein Baby weint und die Mutter kommt, nimmt es auf den Arm und tröstet es. Das Kind lernt: „Wenn ich Hilfe brauche, ist jemand da. Die Welt ist sicher. Ich bin wertvoll.“ Diese Erfahrung wiederholt sich tausende Male – und wird zur Grundlage dafür, wie wir später als Erwachsene Beziehungen gestalten, mit Stress umgehen und ob wir psychisch stabil bleiben.
Aber nicht alle Kinder machen diese sicheren Erfahrungen. Und genau da setzen viele spätere Probleme an.
Mentalisierung: Die Fähigkeit, sich selbst zu verstehen
Ein wichtiges Wort in meiner Arbeit ist „Mentalisierung“. Das klingt kompliziert, ist aber eigentlich etwas ganz Alltägliches: Die Fähigkeit zu spüren, was in mir vorgeht – und zu verstehen, was andere denken oder fühlen.
Beispiel: Du bist wütend auf deine beste Freundin. Mit guter Mentalisierungsfähigkeit kannst du erkennen: „Ich bin wütend, weil ich mich verletzt fühle. Sie hat mich wahrscheinlich nicht absichtlich verletzt, sondern einfach einen schlechten Tag.“ Ohne diese Fähigkeit würdest du vielleicht nur denken: „Sie ist gemein!“ und sofort den Kontakt abbrechen.
Diese Fähigkeit entwickelt sich nur in sicheren Beziehungen. Ein Baby, dessen Eltern feinfühlend reagieren, lernt: „Meine Gefühle werden gesehen, sie sind wichtig und ich kann sie verstehen.“ Fehlen diese Erfahrungen, bleibt die Fähigkeit oft eingeschränkt.
Drei Arten, die Welt zu sehen
In meiner therapeutischen Arbeit begegnen mir immer wieder drei verschiedene „Modi“ – also Arten, wie Menschen ihre Gedanken und Gefühle erleben:
1. Der Äquivalenzmodus (typisch für kleine Kinder)
„Wenn ich Angst habe, dann ist die Gefahr auch real.“ Das Kind kann noch nicht unterscheiden zwischen dem Gefühl und der Wirklichkeit. Manche Erwachsene bleiben in diesem Modus stecken: Sie erleben ihre Gedanken als absolute Wahrheit.
2. Der Als-ob-Modus
Hier reden Menschen über ihre Probleme wie über einen Film – die Worte sind da, aber die echten Gefühle bleiben abgespalten. Es ist, als würden sie über jemand anderen sprechen.
3. Der reflektierte Modus (das Ziel)
Hier kann ich erkennen: „Das ist mein Gedanke, mein Gefühl – aber nicht die einzige Wahrheit. Andere können das anders sehen.“ Das ist die Basis für gesunde Beziehungen und ein stabiles Leben.
Therapie als Beziehungserfahrung
Was bedeutet das alles für meine Arbeit hier in Waiblingen? Die Therapiebeziehung wird zum Heilungsraum. Viele meiner Klienten haben in ihrer Kindheit nicht die Erfahrung gemacht, wirklich gesehen und verstanden zu werden. In der Therapie biete ich genau das an: einen sicheren Raum, in dem alte Muster sichtbar werden können.
Hier können Menschen erstmals lernen, ihre inneren Zustände wahrzunehmen, zu benennen und zu verstehen. Das ist der Kern der Mentalisierung – und gleichzeitig der Weg zur Heilung.
Dabei kombiniere ich die tiefenpsychologische Arbeit mit Achtsamkeit, Meditation und Yoga. Warum? Weil unser Körper sich an frühe Erfahrungen erinnert, manchmal besser als unser bewusstes Gedächtnis. Deshalb arbeite ich nicht nur mit dem Verstand, sondern beziehe Körper und Geist mit ein.
Fazit: Verstehen, was uns bewegt
Tiefenpsychologie klingt kompliziert – aber im Kern geht es um etwas ganz Menschliches: Verstehen, warum wir so sind, wie wir sind. Die Erkenntnis, dass hinter jedem Problem eine Geschichte steckt. Und die Hoffnung, dass Veränderung möglich ist.
Jeder Mensch hat das Potenzial zur Entwicklung. Manchmal braucht es nur einen Begleiter, der dabei hilft, den eigenen Weg wiederzufinden. Und genau das ist meine Passion – hier in Waiblingen und darüber hinaus.
Veränderung entsteht dort, wo sich ein Mensch gesehen und verstanden fühlt. Dafür stehe ich.